Heute ist Gorleben Tag, will heißen: Fast alle machen ihre Ateliers dicht und sich auf zur großen Widerstandsparty zum Zwischenlager. Das will ich natürlich mal miterlebt haben, doch zuvor besuche ich noch Hanna Mieth in Lübeln. Sie ist nämlich eine echte Eingeborene und kann mir sicher was über das wahre Wendland erzählen. Erst einmal lese ich den Zettel an der Tür, quasi die Gebrauchsanweisung zur Türöffnung. Doch es dauert dann doch nicht lange und sie öffnet mir. Erst meint sie, ich möchte Brot kaufen, denn sie backt immer Freitags Brot im Steinofen und verkauft es praktisch an der Haustür. Sie kommt ins Erzählen von damals, als sie schon mit neun Jahren den Pflug lenkte und später in der Musikschule unterrichtet hat. Irgendwann stellten die 50 Paare im Dorf dann auch fest, dass sie alle noch Platt sprechen, weil sie eben alle im gleichen Dorf ihren Partner gesucht haben und sie so die Sprache bewahren konnten. Ich kaufe dann doch ein Brot bei ihr und eine herrlich aussehende Kokosmakrone - und bekomme noch eine Nussecke dazu geschenkt. Auf dem Weg zurück, am Kartoffel-Hotel vorbei, sehe ich das Schild "Zum Dorfteich", gehe den kleinen Pfad entlang und komme in ein Paradies mit kleinem Strand und zwei Liegen. Der Weg um den Teich führt noch einmal an einer schönen Stelle mit Ausruh-Bank vorbei und dann ist es aber auch mit der Ruhe rum, denn: Ich will ja nach Gorleben!
So habe ich mir das nicht vorgestellt: Kein Industriegebiet, keine riesigen Hinweisschilder sondern ein Dorf namens "Gorleben", in dem die gleichen netten Klinkerhäuser stehen, wie im ganzen Wendland. Ich muss mein Navi bemühen, um überhaupt die Einfahrt zum Zwischenlager zu finden. Dann liegt es da, versteckt im Wald, ein paar Betongebäude in denen ungeschützt die Castorbehälter ausdampfen - wirklich krass. Kein riesiger Parkplatz mit Einweisern sondern entspanntes Parken am Straßenrand. Nach ein paar Kilometern entlang der Straße komme ich ins Geschehen. Buntes Hippie-Öko-Volk mischt sich mit neugierigen Touristen und Möchtegern-Aktivisten. Die Hardliner haben ihr Womo im Wald geparkt und feiern wahrscheinlich durch. Ich sehe die mit Helm und Schlagstock bewaffneten Polizisten hinter dem Zaun, von denen wahrscheinlich manche auch lieber die Seite wechseln und mitfeiern würden. Mache ein Fahrt auf dem Traktor mit: Von der Bäuerlichen Nutzgemeinschaft organisiert geht es einmal um den "Schwarzbau" (das geplante Endlager) und den Salzstock herum und ich weiß nun endlich, worum es sich hier dreht. Dann wird gefeiert: Auf drei Bühnen spielt Musik und viele der KLPler haben kleine Stände aufgebaut - so treffe ich auch die bunte Ente wieder.
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